Ein Duell der Disziplinen: TOURNAMENT

Das Festspielhaus St. Pölten wurde vergangenen Freitag Schauplatz einer künstlerischen Auseinandersetzung. Mit „Tournament“ brachten der Choreograf Adam Linder und der Komponist Ethan Braun kein gewöhnliches Tanzstück auf die Bühne. Schon der Titel „Turnier“ gibt die Richtung vor, es geht um einen Wettkampf von Disziplinen. „Tournament“ verweist auf ritterliche Kampfspiele, auf ein Kräftemessen nach strengen Regeln. Genau dieses Bild des „Spielfelds“ übertrugen die Künstler:innen auf die Bühne, um den Mythos der harmonischen Einheit von Musik und Tanz neu zu verhandeln.

Zentrales Element dieser Arena war das Bühnenbild von Ana Filipović. Eine massive, sechsstufige Pyramide, leicht nach rechts versetzt, beherrschte den Raum. Diese Architektur war jedoch mehr als nur ein Podest für die fünf Musikerinnen des Solistenensembles Kaleidoskop. Das Licht brach sich an den Kanten, isolierte einzelne Stufen oder tauchte das gesamte Konstrukt in eine kühle, analytische Helligkeit, die jede Bewegung der darauf platzierten Musiker:innen sezierte. Die Beleuchtung unterstrich die Hierarchie des Aufbaus und ließ die Pyramide mal als uneinnehmbare Festung, mal als sakralen Altar der Kunst erscheinen.

Von dieser erhöhten Position herab diktierten die Musiker:innen das Geschehen. Die Komposition von Ethan Braun zeichnete sich durch eine markante, staccatoartige Musik aus. Die Streicherinnen setzten ihre Bögen nicht für lange Melodien ein, sondern spielten kurze, scharfe Impulse. Diese zerhackte, perkussive Klanglandschaft erzeugte eine nervöse, treibende Spannung, die keine Ruhepausen duldete.

Die Tänzer:innen antworteten auf diese akustischen Befehle mit einer fast beängstigenden Exaktheit. Linders Choreografie verlangte eine körperliche Präzision, die der Schärfe der Musik in nichts nachstand. Die Tänzer:innen „folgten“ der Musik nicht einfach, sie synchronisierten sich mit ihr in einem Akt des Widerstands. Jede Bewegung synchronisierte sich in ein exaktes Abbild der Staccato-Klänge – eine Synchronisation, die Disziplin und Härte erfordert. 

Dies ist hervorragend geglückt. Die exakt ablaufenden tänzerischen Qualitäten machten den abstrakten Kampf zwischen den Kunstformen physisch spürbar. „Tournament“ ist ein visuelles und akustisches Ereignis, das zeigt, dass Harmonie im Tanz nicht immer Sanftheit bedeutet, sondern das Ergebnis harter, präziser Arbeit ist.