Tanzkritik

Getriebenes Trippeln in gediegener Gestik

Der Choreografin Sharon Eyal ist mit „Delay the Sadness“ nicht nur ein wundervolles Tanzstück gelungen, sondern auch eine intime Auseinandersetzung mit dem Tod der eigenen Mutter.
Tänzerinnen und Tänzer - teils zu zweit, teils allein - nebeneinander tanzend vor schwarzem Hintergrund als Teil von Sharon Eyals neuem Tanzstück "Delay the Sadness", einer Beschäftigung mit dem Pas de Deux.

Die acht Tänzer:innen auf der Bühne in Sharon Eyals Stück „Delay the Sadness“ wirken nackt, filigran, verletzlich. Und dennoch: Durch das getriebene Trippeln auf halber Spitze und die Ausrichtung in die eigene Körperlänge präsentieren sie sich erhaben, grandios, göttlich. Verstärkt wird dieses Bild durch die Kostüme: hautfarbene, enge, kurze Bodysuits und Stutzen. 

In präziser Körpersprache und klaren symmetrischen Linien fließen die Tänzer:innen von einer Metamorphose zur nächsten: mal behutsam tastend, dann gigantisch ausladend. Verkörperte Schwarmintelligenz, wobei meist ein:e Tänzer:in aus dem Unisono ausbricht und mit zarter, aber bestimmter Gestik ihr eigenes Repertoire vollführt.

Aus den synchronen Bewegungen lösen sich Duette. Jedes Paar erzählt seine eigene Geschichte von Nähe und Distanz, Halten und Gehalten werden, Verbundenheit und Abkehr. Es entstehen kraftvolle, fließende Bewegungen, Körperkompositionen, die, wenn sie kurz zur Ruhe kommen, ein dreidimensionales Gemälde von Anmut und Schönheit darstellen. Zu Beginn stehen sie sich mit zugewandtem Oberkörper, aber auffallend großer Distanz in der Beckenregion gegenüber. Im Verlauf des Abends legen sich auch die Unterkörper aneinander, mal zärtlich, mal drängend.

Die Musik stammt von Josef Laimon, wobei die Komposition „Dance with Me, Maximilian“ von Khyaam Haque sich wie ein Mantra durch das Stück zieht. Der Choreografin Sharon Eyal gelingt mit ihrem Partner Gai Behar nicht nur ein wundervolles Tanzstück, sondern auch eine intime Auseinandersetzung mit dem Tod der eigenen Mutter.

Am Schluss ist sie plötzlich da, die titelgebende Traurigkeit: Sie erschüttert den Körper der Tänzerin, schüttelt ihn, krümmt ihn, verdichtet ihn. Die Hand vor den Mund haltend, als wollten sich die Gedärme nach außen stülpen, sinkt die Tänzerin zitternd und haltlos in die Arme des Partners. Die Urgewalt der Trauer überflutet den fragilen Körper, während im Hintergrund die sechs Tänzer:innen in großen, ausladenden Sprüngen die Freude zelebrieren. Der Vorhang fällt.

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