Sharon Eyal: The Dance of Life

In Sharon Eyals Welt ist Tanz weit mehr als bloße Bewegung – er ist das Leben selbst. Mit ihren Werken lädt sie dazu ein, in ein Universum einzutreten, in dem Musik, Emotion und Körper zu einem fesselnden Ganzen verschmelzen. Am sa 08/11 zeigt sie ihre Arbeit Delay the Sadness als Österreich-Premiere im Festspielhaus St. Pölten. Ein Gespräch über ihren Kreationsprozess.

© Vitali Akimov

Deine Arbeiten zeichnen sich durch eine kraftvolle Synergie von Bewegung, Musik und visuellem Design aus. Wie gelingt es dir, diese Elemente so nahtlos miteinander zu verweben?

Für mich geht es immer um das Gesamterlebnis. Jedes Element – Bewegung, Komposition, Musik, Licht, Kostüme, sogar die Atmosphäre – ist Teil eines kollektiven Gefühls. Es ist nie nur ein einzelner Aspekt, sondern ein Zusammenspiel, das auf einer gemeinsamen Wellenlänge beruht. Ich arbeite eng mit Menschen zusammen, denen ich vertraue – etwa mit meinem Mann, der zugleich mein Partner in unserer Kompanie ist. Er ist tief in alles eingebunden und steht mir beratend zur Seite. Musik spielt eine zentrale Rolle im Prozess. Ich habe das Glück, mit wunderbaren Menschen zusammenzuarbeiten – etwa mit Dior und Maria Grazia Chiuri für die Kostüme in früheren Kreationen, deren Kreativität mich inspiriert und deren Zusammenarbeit ich sehr schätze. Unser Lichtdesigner Alon Cohen bringt schließlich alles zusammen. Am Ende geht es immer um die Zusammenarbeit auf seelischer Ebene.

Deine Werke thematisieren häufig Liebe, Identität und menschliche Emotionen. Wie stellst du sicher, dass sich diese komplexen Inhalte in Choreografie und Bühnenbild überzeugend widerspiegeln?

Alles ist miteinander verbunden. Meine Arbeit ist körperlich, aber zugleich tief emotional und vielschichtig. Es geht nicht nur um Liebe – es geht um das Leben selbst. Alles entsteht aus meinem Körper, meinem Geist und im Dialog mit den Gedanken anderer. Es ist nie nur eine einzige Sache, sondern ein Zusammenspiel aus Emotionen, Timing und Chemie zwischen Menschen und Atmosphäre. Im Leben geht es immer um das richtige Timing.

Wie definierst du diese Vorstellung vom Leben in deiner Kunst? Ist es ein kontinuierlicher Prozess der Erkundung oder etwas, das du bewusst vermittelst?

Ich verstehe nie etwas vollständig. Ich bin ständig auf der Suche. Wenn ich alles verstanden hätte, müsste ich vielleicht aufhören zu kreieren. Es geht um Wachstum, Lernen und das Teilen dessen, was ich liebe – Tanz, Bewegung, Musik, Schönheit. Es geht darum, eine offene Quelle von Gefühlen zu schaffen und anderen Zugang dazu zu ermöglichen.

Deine Performances sind bekannt für ihre fesselnde, beinahe tranceartige Qualität. Mit welchen choreografischen und produktionstechnischen Mitteln erreichst du dieses immersive Erlebnis?

Ich würde sagen: Komm mit offenem Herzen. Sei du selbst. Es geht weniger darum, alles zu erklären oder zu verstehen – vielmehr darum, zu fühlen. Es ist wie bei einer Behandlung: Man muss offen dafür sein, damit sie wirken kann. Genauso ist es mit meiner Arbeit. Ich möchte, dass die Menschen sich über sie mit sich selbst verbinden.

© Vitali Akimov

Ist es schwierig, beim Schaffen ganz bei sich zu bleiben? Fällt dir das leicht?

Ich glaube, ich bin ein schwieriger Mensch – aber das Schaffen selbst fällt mir nicht schwer. Es ist heilsam. Tanz und Kreativität waren für mich immer eine Quelle von Freiheit und Glück. Es hat sich nie wie Arbeit angefühlt – immer wie ein Vergnügen. Natürlich ist es herausfordernd, weil ich ständig Neues entdecken will. Aber es ist nie belastend – es bleibt immer interessant und inspirierend.

In deinen Arbeiten spielt elektronische Musik eine zentrale Rolle. Wie triffst du die musikalischen Entscheidungen, und wie beeinflusst die Musik die Choreografie und Inszenierung?

Musik ist eines meiner liebsten Dinge im Leben – sie beeinflusst meine Stimmung, meine Gefühle, einfach alles. Ich arbeite viel mit dem wunderbaren Ori Lichtik, habe mich aber kürzlich auch für eine Zusammenarbeit mit dem Label Young geöffnet. In New York haben wir im Armoury ein dreistündiges DJSet mit Ben UFO gemacht – die Tänzer:innen haben direkt zur Musik performt. Für das letzte Stück meiner Kompanie habe ich mit dem talentierten und liebenswerten Koreless – Lewis Roberts – gearbeitet. Für Delay the Sadness arbeite ich mit dem geschätzten Josef Laimon zusammen, der neue Energie in die Musik bringt. Musik und Tanz – sie sind wie Tag und Nacht. Das eine geht nicht ohne das andere.

Du hast mittlerweile sowohl große Produktionen als auch intime Performances produziert. Wie passt du deinen kreativen Ansatz dem jeweiligen Rahmen an?

Ob großer Veranstaltungsort oder kleiner Raum: die Intimität bleibt immer erhalten. Sie ist ein essenzieller Bestandteil jedes Stücks. Natürlich führt mich der Raum oft zu anderen Entscheidungen – ich reagiere auf den Ort, die Menschen, die Energie. Aber die Intimität? Die ist immer da.

Auszüge aus einem Interview mit Sharon Eyal erschienen im hube magazine 2025

Tänzerinnen und Tänzer - teils zu zweit, teils allein - nebeneinander tanzend vor schwarzem Hintergrund als Teil von Sharon Eyals neuem Tanzstück "Delay the Sadness", einer Beschäftigung mit dem Pas de Deux.
© Vitali Akimov
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